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Nachhaltigkeit im Tourismus - Lösungen zur Einhaltung der Klimaschutzziele
Die hochaktuellen Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz standen im Fokus der Tourism matters!-Veranstaltung.
20/04/2023
Nach der Initiative „Climate Neutral NOW!“ der Vereinten Nationen verfolgen alle gesellschaftlichen Akteure das Ziel, auf ihre eigene Klimaneutralität hinzuarbeiten, um bis 2050 eine klimaneutrale Welt zu erreichen. Dabei möchte Europa nach dem EU-Klimaschutzabkommen der erste Kontinent werden, der lediglich unvermeidbare Treibhausgasemissionen ausstößt und diese durch entsprechende Maßnahmen ausgleicht. Hierbei verfolgt Deutschland das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden und auch touristische Akteure sollen dies in drei Schritten erreichen: Measure, Reduce and Offset – indem sie ihre Emissionen messen, reduzieren und kompensieren.
Ein Ziel – unterschiedliche Perspektiven und Herangehensweisen
Zusammen mit den Referenten Sascha Dengler (Doktorand am Lehrstuhl für Raumfahrtantriebe & -mobilität an der TU München), Thomas P. Illes (Inhaber und CEO der Thilles consulting GmbH) und Jörg Treichel (Nachhaltigkeitsmanager bei den FREIgeist Hotels) wurde erläutert und diskutiert, wie und mit welchen Maßnahmen der Tourismus zur Erfüllung der Forderungen von „Climate Neutral NOW!“ beitragen kann. Schnell wurde deutlich, dass es nicht „die perfekte Lösung“ gibt. Stattdessen existieren viele verschiedene Stellschrauben und Möglichkeiten im Bereich der Nachhaltigkeit und es handelt sich hierbei um ein Thema, welches eine ganzheitliche Betrachtung erfordert.
Hotellerie im Fokus
Im Bereich der Hotellerie zeigte Jörg Treichel unter anderem mit eigenen Beispielen aus der Praxis auf, wie Wirtschaftlichkeit, soziale Faktoren sowie Umweltaspekte in der FREIgeist Hotel Gruppe miteinander kombiniert werden. Dabei sind es bereits kleine Veränderungen – wie der Austausch eines Duschkopfes mit geringerem Wasserdurchfluss –, die schon einen bedeutsamen Unterschied im Sinne des Umweltschutzes machen können. Zudem setze man in den FREIgeist Hotels auf alternative Formen der Energiegewinnung, beispielsweise durch die Eigenstromerzeugung über Blockheizkraftwerke und Photovoltaikanlagen. Darüber hinaus betonte der Nachhaltigkeitsmanager, dass fast alle FREIgeist Hotels dank der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ClimatePartner mittlerweile als klimaneutral gelten. Demnach werden alle durch den Hotelbetrieb entstehenden Emissionen weitestgehend reduziert und alle unvermeidbaren Emissionen über international anerkannte Klimaschutzprojekte kompensiert. Insgesamt sei es von großer Bedeutung, Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen zu leben und als integralen Bestandteil der Unternehmensphilosophie anzusehen. Dazu gehört beispielsweise auch, bestehende Zulieferketten zu hinterfragen sowie hinsichtlich sozialer Nachhaltigkeit das Wohlergehen der Mitarbeiter:innen zu verbessern.
Kreuzfahrt im Zwielicht
Schifffahrts- & Kreuzfahrtanalyst sowie Kommunikationsberater Thomas P. Illes stimmte dem zu und betonte unter anderem, dass die Kreuzfahrt allgemein als „Umweltsünder“ und „Drecksschleuder“ angesehen wird. Demnach besitzen Kreuzfahrten im Hinblick auf Nachhaltigkeit ein negatives Image und gelten als eine der umweltschädlichsten Formen des Tourismus. Jedoch sei es wichtig, die Schifffahrt allumfassend und auf globaler Ebene zu betrachten. Obwohl die Schifffahrt für 3 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, liegt der prozentuale Anteil bei Kreuzfahrtschiffen weltweit bei unter 1 %. Eine Herausforderung liegt Thomas P. Illes zufolge in fehlenden bzw. unterschiedlichen Regulierungen in Bezug auf CO2-Emissionen in internationalen Gewässern. Darüber hinaus bräuchte es einheitliche gesetzliche Bestimmungen, welche für alle touristischen Teilbranchen gelten – also sowohl für die Kreuzfahrt als auch für die Luftfahrt. Der Kreuzfahrtanalyst sprach sich in diesem Kontext beispielsweise für eine Verpflichtung zur Kompensation der entstandenen CO2-Emissionen bei einer Kreuzfahrt oder Flugreise aus, welche mit Preissteigerungen für die Reisenden einhergehen würde, da Kompensationen auf freiwilliger Basis bislang unzureichend durchgeführt werden. Anstelle der Fokussierung auf lediglich eine Maßnahme sei zudem die Kombination verschiedener Lösungsansätze auf dem Weg hin zur Klimaneutralität unausweichlich, um die unterschiedlichen Schifffahrtsemissionen wie Schwefel- oder Kohlenstoffdioxide zu minimieren und sinnvolle Alternativen zu fossilen Brennstoffen ganzheitlich zu etablieren.
Nachhaltige Raumfahrtantriebe
Energie spiele auch in der Raumfahrtmobilität eine große Rolle, wie Sascha Dengler äußerte, der in der Forschung für nachhaltige Raumfahrtantriebe an der TU München tätig ist. Ein spannendes Thema, welches im Rahmen der Diskussion beleuchtet wurde, ist der Weltraumtourismus. Dabei handelt es sich bislang um ein Nischensegment, da bisher nur knapp über 30 „Touristen“ einen Suborbital-Ausflug von 10 bis 90 Minuten und 16 Touristen einen zweiwöchigen Orbital-Urlaub mit „Hotel-Aufenthalt“ auf der ISS durchgeführt haben. Aufgrund der enormen Emissionen, welche ein Ausflug ins Weltall verursacht, scheinen Nachhaltigkeit und Weltraumtourismus derzeit nicht miteinander vereinbar zu sein. Einen Beitrag der Raumfahrtindustrie zur Nachhaltigkeit bietet allerdings die Forschung: „Für die Raumfahrt wird an neuen Techniken und Maßnahmen geforscht, die man auch auf der Erde nutzen kann. Dazu zählt unter anderem, dass an leichteren und leistungsfähigeren Solarzellen geforscht wird oder, dass man mit den bereits vorhandenen Ressourcen auskommt, um geschlossene Kreislaufsysteme zu schaffen“. Im Zuge dessen sei es nicht unüblich, die Ergebnisse der Raumfahrtforschung schließlich auf andere Branchen zu übertragen. Demnach könnten die von Sascha Dengler untersuchten nachhaltigen Antriebssysteme wie Wasserstoff oder Solarzellen möglicherweise zukünftig auch in der Kreuzfahrtindustrie zum Einsatz kommen und somit zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Entwicklung der Branche beitragen.
Fazit: Ein wichtiges Thema für alle touristischen Akteure
Das Master Forum zum Thema „Nachhaltigkeit im Tourismus – Lösungen zur Einhaltung der Klimaschutzziele“ brachte interessante Beiträge, Meinungen und Erfahrungen hervor und hielt für alle Zuhörer:innen spannende Impulse bereit. Es wurde deutlich, dass die behandelte Thematik von hoher Relevanz ist und ein großes Diskussionspotenzial besteht. Ein Abend allein reicht nicht aus, um die vielseitigen Aspekte des Nachhaltigkeitsthemas ganzheitlich zu betrachten oder gar konkrete Lösungen hervorzubringen. Die Tourism matters!-Veranstaltung schuf jedoch eine Plattform des Austausches zwischen Branchenvertreter:innen sowie eine gute Basis, um gemeinsam Lösungswege zu diskutieren. Fest steht: Nur im Rahmen einer globalen Zusammenarbeit kann eine klimaneutrale Welt geschaffen werden. Wir müssen jetzt handeln, denn Nachhaltigkeit und Tourismus sind eng miteinander verzahnt – heute und in Zukunft.
Ein großes Dankeschön gilt allen Teilnehmer:innen und Organisator:innen des Veranstaltungsabends, insbesondere den Referenten, dem Sponsor Online Birds, der Mentorin Prof. Dr. Marion Rauscher sowie der Dekanatsreferentin Tanja Keim.